Sinkendes Vertrauen in staatlichen Verbraucherschutz

21. Juni 2019

Dr. Christian Blex » Landtag » Sinkendes Vertrauen in staatlichen Verbraucherschutz

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Sinkendes Vertrauen in staatlichen Verbraucherschutz

21. Juni 2019

Aus der neuen Studie des Verbrauchermonitors vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) ergibt sich, dass sich die Bundesbürger weniger Sorgen um Verbraucher- und Gesundheitsthemen machen. Insbesondere die Sorge um Antibiotika-Resistenzen ging deutlich zurück, aber auch die Sorge um Rückstände von Pflanzenschutzmitteln in Lebensmitteln und ähnliche Belastungen.

Trotz künstlicher Aufregung um die Qualität unserer Lebensmittel zeigt sich, dass der Verbraucher mündig genug ist zu erkennen, dass unsere in Deutschland angebotenen Lebensmittel sicher sind. Über Dreiviertel aller Verbraucher schätzen sie als sicher ein.

Dass das Vertrauen in den staatlichen Verbraucherschutz im Vergleich zur Erhebung im Sommer 2018 um 7 Prozentpunkte auf 51 % gesunken ist, sollte jedoch nachdenklich machen. Möglicherweise hat das künstliche Aufbauschen vermeintlicher Skandale zu diesem sinkenden Vertrauen beigetragen.

http://buel.bmel.de/index.php/buel/article/view/95/Kohne%2C%20Ihle.htmlEiner Studie des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft über Lebensmittelskandale in Deutschland von 2000 bis 2012 liefert in diesem Zusammenhang wichtige Erkenntnisse. Die meisten Lebensmittelskandale dauerten nur ca. 3 Monate, die längsten 8 Monate. Meist werden pro Jahr ein Skandal, seltener zwei Skandale in den Medien thematisiert. Die Analyse identifiziert 15 Lebensmittelskandale, die zu signifikanter Medienaufmerksamkeit führten. Des Weiteren heißt es:

„In der Periode zwischen den Jahren 2000 und 2012 waren vor allem tierische Produkte Gegenstand von Lebensmittelskandalen. Dies deutet darauf hin, dass tierische Produkte und die vorgefallenen Störfälle in deren Produktion eine höhere Schadenswahrnehmung beim Verbraucher verursachen als pflanzliche Produkte. Die Produktionsweise und ihr Nutzen sind den Konsumenten offensichtlich weniger zugänglich und führen daher eher zu Verunsicherungen, sodass sie eher verdächtigt werden, schädlich für die menschliche Gesundheit zu sein.“

Auffällig ist auch, dass Lebensmittelskandale häufig zu Beginn eines Jahres ihren Anfang nahmen, da die Medien bei den Verbrauchern nach den wichtigen Feiertagen eine hohe Sensibilität für den Themenkomplex erwarten.

Kritisch wird in der Studie auch angemerkt, dass der Gesetzgeber sich tendenziell zu sehr von der öffentlichen Meinung und der sie auslösenden Wucht der Berichterstattung während eines Skandals dazu verleiten lässt, neue Gesetze zu verabschieden, um den Skandal mittels Aktionismus in politische Profilierung umzusetzen. Das geschieht, obwohl Potential und Ausmaß der Gesundheitsgefährdung der bisherigen Lebensmittelskandale häufig nicht so akut waren, wie medial dargestellt.

Ein weiterer Aspekt von wirtschaftlicher und politischer Bedeutung ist das Ausmaß an Hysterie und Einseitigkeit in der Medienberichterstattung im Verlauf von Lebensmittelskandalen, da gerade das Aufdecken einer Lebensmittelkontaminierung nicht allein illegales Verhalten von einzelnen Akteuren in der Lebensmittelwertschöpfungskette bedeutet, sondern auch für die Qualität und das Funktionieren der existierenden Kontrollmechanismen spricht.

Die Folgen von Lebensmittelskandalen auf politische Entscheidungsprozesse waren dennoch enorm, was anhand der häufig induzierten Gesetzesänderungen als plausibel erscheint. In der Ernährungswirtschaft sind jedoch temporär und langfristig signifikante Schäden entstanden.

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Wie bewertet die Landesregierung das sinkende Vertrauen in den staatlichen Verbraucherschutz vor dem Hintergrund der Logik medialer Berichterstattung über Lebensmittelskandale?
  2. Wie bewertet die Landesregierung die Arbeit der Verbraucherzentrale NRW vor dem Hintergrund medialer Hysterie angesichts vergangener Lebensmittelskandale?
  3. Wie haben sich die finanziellen Zuwendungen des Landes an die Verbraucherzentrale NRW seit 2000 entwickelt?
  4. Welche der seit 2000 stattgefundenen Lebensmittelskandale zogen Gesetzesänderungen nach sich?
  5. Inwiefern entsprach das objektive Risiko der vergangenen Lebensmittelskandale den sich daraus ergebenden politischen Folgen?

Dr. Christian Blex


Kleine Anfrage 2581 (Drucksache 17/6406)
Antwort der Landesregierung (Drucksache 17/6549)

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